Fast könnte man meinen, es handele sich um zwei verschiedene Tiere: Die grazile Gämse des Sommers mit kurzem braunen Haarkleid unterscheidet sich doch sehr von der winterlichen Gämse im prächtigen schwarzen Gewand. Auf dem Rücken wächst ihr dann eine verlängerte Haarpartie, die je nach Laune gesträubt werden kann (mancher Jäger trägt diesen „Gamsbart“ als Trophäe am Hut). Typisch für Gämsen sind ferner die bei beiden Geschlechtern vorhandenen hakenförmigen Hörner, „Krucken“ genannt.
Als eine der wenigen Tierarten lebt die Gämse von Natur aus ausschließlich in Europa. Angestammter Lebensraum sind Hochgebirge wie die Alpen, die Pyrenäen und die Karpaten. Im Sommerhalbjahr hält sie sich – unterhalb der Steinbockareale – auf den alpinen Matten auf. Zum Winter hin zieht sich die Gämse in tiefer gelegene Wälder zurück. Sie kann auch ganzjährig auf niedrigeren Höhenstufen gedeihen, so rund um den Feldberg im Schwarzwald, wo man sie künstlich ansiedelte.
Wie so viele Huftiere leben auch Gämsen außerhalb der Paarungszeit nach Geschlechtern getrennt. Im November buhlen die männlichen Tiere (Böcke) dann um die Gunst der Weibchen (Geißen). Mit langwierigen Droh- und Imponiergebärden, wilden Hetzjagden und auch blutigen Gefechten müssen zunächst noch die Konkurrenten aus dem Weg geräumt werden. Den Winter über spalten sich die Rudel auf, um das karge Nahrungsangebot optimal auszunutzen.
Vom Körperbau her sind Gämsen ideal an den alpinen Lebensraum angepasst. Dicke Herzwände und große Lungenflügel sorgen dafür, dass sie bei Fluchten über beträchtliche Höhenunterschiede nicht
außer Atem kommen. Ihre Sprungkraft ist enorm. Erwachsene Gämsen sind deshalb eigentlich nur durch Energieverlust im Winter sowie durch Steinschlag und Schneelawinen gefährdet. Apropos Schnee:
Mehrmals wurde schon beobachtet, wie Gämsen aus Spaß an der Freude Rutschpartien auf der Schneepiste unternahmen.
Schon gewusst?
Gämsen haben ein überaus heißblütiges Temperament. Gamsböcke schrecken nicht davor zurück, sich etwa mit einem männlichen Steinbock anzulegen. Auch im Wildpark kam es an der Gehegegrenze wiederholt zu Auseinandersetzungen. Da Gämsen den Kopf zum Kampf senken, Steinböcke sich hingegen auf die Hinterbeine erheben, wird dem an sich stärker gebauten Steinbock dabei der Bauch aufgeschlitzt.