Ursprünglich streiften Waschbären nur in den Wäldern Nordamerikas umher. Die Marderhunde hingegen bevölkerten das östliche Sibirien und Teile von China und Japan. Als sogenannte „Neozoen“ zählt man die beiden Arten inzwischen auch bei uns zur heimischen Tierwelt. Im äußeren Erscheinungsbild sind sie sich sehr ähnlich. Umso gemeiner ist es, dass die Tiere im Wildpark gemeinsam in einem Gehege gehalten werden. Verwechslungen sind da die Normalität. Normal wäre es aber ganz und gar nicht, wenn ein Marderhund seinen Ruheplatz in einer Baumkrone hätte. Dann kann es sich nur um einen Waschbär handeln. Denn Marderhunde können im Gegensatz zu den Waschbären überhaupt nicht klettern. Auch Dachse sind keine Kletterer. Und obwohl sie kein Wasser mögen, beherrschen sie das Schwimmen recht gut. Im Buddeln sind sie mit ihren Grabpfoten und den langen gebogenen Krallen wahre Meister. So ein Dachsbau kann mehrere Eingänge, Kammern und Röhren haben. Oft teilen sich Dachse ihr Zuhause mit Füchsen. Dann herrscht der sogenannte Burgfriede. Das bedeutet, die Tiere akzeptieren den jeweils anderen im gemeinsamen Bau, solange dieser groß genug ist und sie sich aus dem Weg gehen können. Die Gastfreundschaft des Dachses wurde ihm in den 70er Jahren jedoch zum Verhängnis. In dieser Zeit begaste man zahlreiche Baue um die Ausbreitung der vom Fuchs übertragbaren Tollwut zu stoppen. Dieses Ziel wurde nicht erreicht. Anstatt dessen wurden auf diese Weise etliche Dachse getötet. Glücklicherweise konnte sich der Bestand wieder erholen.
Die Erfolgsgeschichte der Waschbären begann, als 1934 zwei Paare am nordhessischen Edersee ausgesetzt wurden. Innerhalb kurzer Zeit breiteten sich die Waschbären in ganz Deutschland aus,
besonders in der nördlichen Hälfte. Hie und da erhielten sie Unterstützung durch Tiere, die aus Pelzfarmen entwichen. Obwohl der Waschbär bei uns kaum Feinde hat, verursacht er erstaunlicherweise
keine ökologischen Schäden von nennenswertem Ausmaß. Die Natur hat robust auf den Neuling reagiert.
Mit den Grenzöffnungen im Osten war auch der Weg frei für die Marderhunde in Richtung Westen, nachdem sie Jahrzehnte vorher im westlichen Russland und in der Ukraine künstlich angesiedelt worden
waren.
Bei ihrer nachtaktiven Lebensweise sind Waschbären wie auch Marderhunde und Dachse schwer zu beobachten. Waschbären leben bevorzugt in Wäldern; offenes Gelände wird gemieden, da die Tiere bei
Gefahr instinktiv den nächsten Baum erklimmen. Marderhunde wählen hierbei das Unterholz. Als Allesfresser ernähren sie sich aber sowohl von Tieren wie von Pflanzenteilen. Waschbären rauben hoch
oben auf den Bäumen auch gerne mal ein Vogelnest aus. Unsere Tierpfleger können bestätigen, dass jedes einzelne Tier eine Vorliebe für bestimmte Nahrungsmittel hat.
Anders als Braunbären sind die Waschbären im Winter aktiv. Zu dieser Zeit findet sogar die Paarung statt, damit die Jungen im Frühling zur Welt kommen. Diese bleiben rund fünf Wochen in der Höhle
liegen, ehe sie ihre Mutter auf der Nahrungssuche begleiten können. Nach rund vier Monaten wandert der Nachwuchs allmählich in andere Gebiete ab.
Beim Dachs ist die Paarung nicht strikt auf einen bestimmten Zeitraum festgelegt. Meistens findet sie im Sommer statt. Damit die Jungen aber zu einer für die Aufzucht günstigen Jahreszeit geboren
werden, hat sich Mutter-Natur einen ganz schlauen Trick einfallen lassen. Kurz nach der Geburt wird die Entwicklung der Nachkommen gestoppt. Manchmal dauert es Monate lang, bis sie wieder
fortgesetzt wird. So muss die Dachsmutter ihre Jungen dank der Verzögerung nicht im kalten und nahrungsarmen Winter groß ziehen.
Der Marderhund hält in der kalten Jahreszeit Winterruhe. Hierfür verlangsamt er seinen Herzschlag und braucht allgemein weniger Energie. Damit genügt ihm auch die im Sommer angefressene
Fettschicht, von der er während dieser Wochen zehren kann. Nur ab und zu verlässt er den Bau, um auf Beutesuche zu gehen. Bleibt der Winter mild, kann es aber auch sein, dass der Marderhund die
ganze Zeit über aktiv ist. Im April/Juni kommen die Jungen zur Welt. Die Eltern, welche ihr ganzes Leben lang ein Paar bleiben, kümmern sich gemeinsam um die kleinen Welpen.
Waschbären haben ein ausgezeichnetes Gedächtnis. Sie scheinen ähnlich intelligent zu sein wie Affen. Wie diese können sie ihre Vorderpfoten als Greifwerkzeuge benutzen. Dank solcher Fähigkeiten
erweisen sich Waschbären als anpassungsfähig auch in der Nähe des Menschen. In der Stadt finden sie reichlich Fressbares sowie Verstecke. Vor allem Kassel soll regelrecht von den possierlichen
Tieren mit der Gesichtsmaske terrorisiert werden. Hier ist kein Mülleimer vor ihnen sicher.
Ein anderer Name des Marderhunds ist „Enok“. In englischsprachigen Ländern nennt man ihn „Raccoon Dog“, was wörtlich mit „Waschbär-Hund“ übersetzt wird.
Schon gewusst?
Waschbären tasten die Nahrung sorgfältig von allen Seiten ab, um sich ein genaues Bild davon zu machen. Da dies häufig im seichten Gewässer geschieht, glaubte man früher, sie würden ihre Nahrung waschen. Ganz ähnliches Verhalten zeigen Waschbären jedoch auch an Land. Dennoch tragen sie das Futter oft zu einer Wasserstelle und „waschen“ es dort, weil sie den mit diesem Vorgang verbundenen Sinneseindruck vermissen.
Obwohl der Marderhund zur Familie der Hunde gehört, bellt er nicht. Wenn man genau hinhört, kann man ab und zu ein leises Miauen wie von einer Katze vernehmen.