Umgepflügter Boden, würziger Geruch, permanentes Grunzen – der Besucher ist unzweifelhaft am Gehege der Wildschweine angelangt. Zu sehen ist hier eine gemischte Rotte, bestehend aus mehreren weiblichen Tieren (Bachen) mit ihren anfangs gestreiften Jungen (Frischlingen) sowie einem erwachsenen Männchen (Keiler). Der Keiler ist an den ausgeprägten Eckzähnen erkenntlich.
In der Wildbahn gehen sich die Geschlechter dagegen fast das ganze Jahr über aus dem Wege. Nur zur sogenannten Rauschzeit widmen sie sich der Fortpflanzung. In Abhängigkeit von der Ernährungslage können allerdings gerade beim Wildschwein zu allen Jahreszeiten Jungtiere geboren werden. Der männliche Nachwuchs wird eines Tages instinktiv aus der Rotte vertrieben, da es sonst unter Umständen zur Inzucht käme.
Tagsüber ruhen Wildschweine in ihrem Lager. In der Dämmerung begeben sich die Allesfresser auf Futtersuche, wobei von Blättern, Wurzeln, Früchten und Pilzen bis hin zu Würmern, Mäusen und Aas beinahe nichts verschmäht wird. Das Wildschwein hat sich besonders auf die im Boden verborgenen Nahrungsgründe spezialisiert. Sein hervorragendes Riechvermögen spürt jeden Leckerbissen auf, der dann – selbst bei Frost – unverzüglich mit der Rüsselscheibe freigelegt wird.
An einen bestimmten Lebensraum sind die Tiere nicht gebunden. Von Europa bis zum Pazifik können sie sich an verschiedenste Bedingungen anpassen. Eine Speckschwarte und das lange Winterfell schützen sie vor Wetterunbilden. Zur Einrichtung ihres Wohngebiets gehören der Schlafkessel, ein Scheuerbaum und eine intensiv genutzte Schlammsuhle. Dem Menschen weichen Wildschweine aus, jedoch können Jungen führende Bachen sowie verletzte Exemplare gefährlich werden.
Trieb man in früheren Jahrhunderten die gezähmten Schweine zur „Waldweide“ in den „Hutewald“, so fristet unsere heutige Haustierform ein trauriges Dasein in der Stallbox. Auch ihr Aussehen hat sich gewandelt, z.B. wurden zusätzliche Rippenpaare angezüchtet, an denen sich mehr Fleisch ansetzt. Erst in den letzten Jahrzehnten entwickelte man für Versuchslabore eine Kompaktversion, das Minischwein. Man mag es kaum glauben, aber diese pfiffigen Tiere erlernen Befehle und Kunststücke weitaus leichter als jeder Hund.
Richtig lustig sehen die im Volksmund genannten „Mohrenköpfe“ aus. Vorne Schwarz, mittig rosa und hinten wieder Schwarz gefärbt. Typisches Aussehen der Schwäbisch Hällischen Landschweine (oder Milchschnitten?). Vor bald 200 Jahren gingen sie aus dem chinesischem Maskenschwein und heimischen Rassen des Schwäbisch Haller Raumes hervor. Doch ihre lustige Erscheinung half ihnen in den 70ern nicht weiter. Der Verbraucher verlangte nach magerem Fleisch. Dass lieferte diese Rasse nicht. Übrig waren nur wenige Tiere. Glücklicher Weise zeigten findige Landwirte in den 80ern Weitsicht und begannen wieder eine gezielte Zucht dieser Rasse. Heute ist das qualitativ hochwertige Fleisch dieser Tiere gefragter denn je.
Schon gewusst?
In Deutschland gibt es heute mehr Wildschweine als jemals zuvor. Als Gründe dafür kommen die milden Winter und der verstärkte Maisanbau in Betracht. Außerdem produzieren Eiche und Buche aufgrund der Umweltbelastungen und des Klimawandels immer mehr Früchte. So wurden die Tiere etwa im Berliner Raum schon zur Plage. Auch im Wildpark sind nachts bisweilen Wildschweine aus dem Hagenschießwald unterwegs. Auch als Tageseinstand war der Wildpark schon einmal gut genug. Gut versteckt im ruhigen Rehwildgehege ließen sich die Wildschweine nieder. Am frühen Abend jedoch (warum auch immer), geriet die Rotte in Panik. Die Schweine rannten kreuz und quer durch den Wildpark, durchstießen dabei Zäune und sorgten bei Mensch und Tier für große Aufregung. Ein junges Wildschwein rannte sich in einen Zaun fest. Durch gleichzeitiges Drücken und Schieben konnten die Tierpfleger das Schwein wieder befreien. Möge es ihm da draußen im Wald auch heute noch gut gehen…